Zuerst gefiel mir der berühmte Satz von Horaz gut: pflücke, nutze, mache das Beste aus diesem Tag, aus diesem Heute, so heißt das ja im Deutschen. Im Wort „Pflücken“ klingt die Ernte-Zeit an mit der Gefahr, dass man zu spät kommt und die Früchte schon heruntergefallen sind und verfaulen. Der richtige Moment, der Kairos, muss genutzt werden. Für mich entsteht in diesem Imperativ ein Zeit-Druck. Der Satz bewirkt eine Stimmung von „Sommerschlussverkauf“, „Beeile dich“, sonst bekommst Du die Früchte, die Vielfalt des Lebens, nicht mehr, gerade, weil du ja schon alt bist.- Dabei bleibt die Umgebung , vielleicht die andern Besitzer des Baumes, der gepflückt werden soll, die andern, die beteiligt sind, ungenannt und wohl auch unbedacht. Es ist ein Aufruf, egoistisch zu sein, für sich zu sorgen, also: baue den Golfplatz, wenn Dein Herz daran hängt, auch wenn die Wasserversorgung im Ort dann noch schlechter wird.
Das Wort „Vergänglichkeit“- ein wichtiger Teil der buddhistischen Lehren,- geht auch davon aus, dass sich alles verändert. Die Wolken, die Blume, unsere Haut und unsere Haare, Politische Systeme, Organisationen und Beziehungen ändern sich. Diese Einmaligkeit des Augenblickes macht mir unsere vergängliche Welt kostbarer. Wir wissen, dieser Blick, diese Diskussion, diese Musik wird sich so nie wiederholen, erst recht nicht mein Leben. – Mir hilft es, Vergänglichkeit an mir und meiner Umwelt bewusst wahrzunehmen und mich daran zu freuen oder zu trauern.-Auch die Vergänglichkeit feiert das Hier und Jetzt, aber mir erscheint darin mehr das Ganze des Lebens auch mit meinen Schmerzen und meiner Umwelt.
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