Pausen sind eine wichtige Empfehlung zur Stressbewältigung. Arbeitsmediziner empfehlen „Mikropausen“ (Dauer: Sekunden, z. B. den Blick schweifen lassen) „Minipausen“ (Dauer: 1 – 3 Min., am Platz, sich strecken etc.) und „Kurzpausen“ (Dauer: 5 – 10 Min., Situation verändern, Wasser trinken, plaudern usw.).[1] Die Magie der Einteilungen. Pausen unterbrechen die Anspannung, regulieren das vegetative Nervensystem herunter und verbessern die sozialen Kontakte. Viele kleine Pausen sind wirksamer als wenige lange. Pausen sind gesund, weil sie den Stress unterbrechen und die Aufmerksamkeit vorübergehend auf ein harmloseres Objekt lenken. Jedenfalls sofern man die Pause nicht gerade dem Alkohol, der xten Tasse Kaffee oder einem Streit widmet. Ansonsten ist es erstmal nicht so wichtig, was man in der Pause unternimmt, die Ideen sind vielfältig.
Aus meiner Sicht fehlt etwas Wichtiges bei dieser gut begründeten Empfehlung. Häufig ist nicht entscheidend, was wir tun oder sagen, sondern die Einstellung, die wir dabei zu Tage legen, die Beziehung, die wir herstellen, die Atmosphäre, die wir kreieren. Bei einer Arbeit kann es wichtig sein, wie die Motivation ist, ob wir konkurrieren, ob wir angespannt sind. Eine Mitteilung kann ankommen, wenn sie zu der Beziehung passt, in der sie stattfindet und sie kann unverstanden bleiben, wenn sie nicht passt. Und wir können ein Ziel verfehlen, weil wir es zu wenig oder zu sehr wollen oder weil wir nicht umsichtig genug vorgehen. So kann es auch sein, dass wir eine Pause einlegen wollen, es aber nicht lassen können, sie irgendwie nutzbringend zu füllen. Im Extremfall werden manche als erstes in ihr Smartphone schauen und sich neuen Input und wenn sie Pech haben, neue Probleme und Anforderungen aufladen. Oder man will in der Pause jemanden sehen, etwas besprechen usw. Im unscheinbarsten Falle will man sich wohlfühlen und entspannen. Möglicherweise ist es aber gar nicht so einfach, in Mikro-, Mini- oder auch Kurzpausen „herunterzukommen“, „abzuschalten“, „zur Ruhe zu kommen“. Wenn wir nicht die Art und Weise bedenken, mit der wir die Pausen verbringen, kann es sein, dass wir nicht viel von ihnen haben, weil wir einfach die Art und Weise beibehalten, mit der wir unterwegs sind, wenn wir arbeiten, denken, etwas erledigen, Ziele verfolgen.
Was ist die Alternative? Die Einstellung ändern! Pause könnte auch heißen: Pause von unseren gewohnten Lebenseinstellungen. Ungewohnt wäre vermutlich nichts zu tun, außer vielleicht eine Körperhaltung einzunehmen, die das Nichtstun erleichtert. Für manche mag das ein entspanntes Sitzen sein, für andere ein Schlendern, ein Liegen oder ein Stehen. Etwas zu erleben, sich wohlzufühlen, sich zu entspannen, die Pause irgendwie zu nutzen, bedeutet, den vielen Programmen, die wir üblicherweise erfüllen ein weiteres ähnliches kleines Programm hinzuzufügen. Das ist aber nicht wirklich neu. Versuchen wir einen neuen Weg, verbringen wir also die Pausen absichtslos und das heißt achtsam. „Achtsamkeit“ heißt nicht, angestrengt auf etwas zu achten, sondern rezeptiv zu sein, „empfangsbereit“ (H. Jacoby), etwas auf sich wirken zu lassen, geschehen lassen. Sitzen, gehen, liegen, schauen, hören, die eigenen Gedanken wahrnehmen, den Körper spüren. Wenn wir diese Lebenshaltung der Absichtslosigkeit einnehmen, werden Pausen auch Pausen von den Lebenshaltungen, die bei der Arbeit notwendig sind (effektiv sein), aber auch von Lebenshaltungen, die uns die Arbeit und vielleicht darüber hinaus auch das Leben unnötig schwer und viele Pausen notwendig machen: Perfektionismus, Ehrgeiz, Versagensangst, Selbstzweifel, Ehrgeiz, übermäßige Anpassung und viele mehr. Wir brauchen nicht nur kleine Pausen, sondern auch Veränderungen unserer Lebenseinstellung und unseres Lebensgefühls, Pausen, die nachwirken.
[1] Dr. Johannes Wendsche, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA), s. https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/psyche/stress/warum-pausen-wichtig-sind-1054812
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